Therapien und begleitende Behandlungen bei Morbus Fabry

Das Therapieziel bei Morbus Fabry ist das Entfernen von abgelagertem Speichermaterial, das durch die gestörte Spaltung von Sphingolipiden entsteht. Der Abbau von Gb3- Einlagerungen in den Zellen von Geweben und Organen wird mit dem Aufhalten der progressiven Abnahme von Organfunktionen und irreversiblen Schäden in Verbindung gebracht.

Durch das Fehlen oder die unzureichende Funktion des Enzyms α-Galaktosidase A lagern sich Sphingolipide wie Globotriaosylceramid (Gb3) in Körperzellen ab und führen zu progressiven Organschäden. Die Morbus Fabry-Therapie ist zum einen bestrebt, die Ursache, also den Enzymmangel, zu bekämpfen, anderseits ihre Auswirkungen zu minimieren und so die Lebenserwartung und Lebensqualität der Patient:innen zu optimieren.

Zu den heute eingesetzten, ursächlichen Therapien gehören die Enzymersatztherapie und die Chaperontherapie. Sie sollen den Lyso-Gb3-Spiegel in Zellen, Geweben und Organen verringern und das Fortschreiten von Organschädigungen verhindern. Hinzu kommen begleitende Therapien, um Symptome zu lindern und die Lebensqualität der Patienten zu verbessern.

Kann man Morbus Fabry heilen?

Zurzeit ist Morbus Fabry nicht heilbar, denn die Ursache ist ein Gendefekt.

Bei Morbus Fabry wird das Enzym α-Galaktosidase A in den Körperzellen nicht produziert oder funktioniert nicht in ausreichendem Maße. Eine Heilung wäre also nur durch die Veränderung des Erbgutes möglich, durch sogenanntes Gene-Editing. Auch wenn es mehrere Ansätze dazu gibt, ist bisher keine solche Behandlung zugelassen.

Es gibt allerdings Therapiemöglichkeiten wie die Enzymersatztherapie oder die Chaperontherapie, die eine Fortschreiten der Erkrankung bremsen, die Lebensqualität erheblich steigern und den Patient:innen eine normale Lebenserwartung ermöglichen.

Wie behandelt man Morbus Fabry?

Heutzutage wird Morbus Fabry ursächlich behandelt, das bedeutet, die Ursache, der Mangel oder die mangelnde Funktion des Enzyms α-Galaktosidase A, wird adressiert. Dazu gibt es zwei verschiedene Behandlungsansätze: die Enzymersatztherapie (EET) und die Chaperontherapie.

Bis 2001 konnte Morbus Fabry nur medikamentös symptomatisch behandelt werden, was die Linderung von Beschwerden zum Ziel hat, nicht aber die Ursache der Krankheit. So wurden zum Beispiel Angiokeratome mit Lasertherapie therapiert, allerdings traten oft Rezidive auf. Die Morbus Fabry-typischen Schmerzen unter anderem in Händen und Füßen wurden mit Phenytoin und/oder Carbamazepin behandelt, in schweren Fällen auch mit Morphinen.1

Seit dem Jahr 2001 steht die kausale Enzymersatztherapie zur Verfügung. Es gibt zwei Präparate, die biologisch hergestellte Versionen des defekten Enzyms in Form von Agalsidase enthalten.

2016 erhielt eine weitere Therapieoption, die Chaperontherapie, die EU-Zulassung. Diese Therapie ist nur einsetzbar, wenn der/die Betroffene ausreichende Mengen α-Galaktosidase A produziert, diese jedoch nicht korrekt gefaltet und damit nicht oder nur eingeschränkt funktionsfähig sind. Das Chaperon unterstützt die ordnungsgemäße Faltung und Lokalisation des Enzyms.

Bei allen kausalen Therapien ist ein früher Therapiebeginn, vor dem Auftreten struktureller Organschäden, entscheidend für den Therapieerfolg, denn einmal entstandene Schädigungen lassen sich kaum wieder rückgängig machen. Rechtzeitig begonnene Therapien ermöglichen Patient:innen ein relativ normales Leben mit einer unverminderten Lebenserwartung.

Bisher noch nicht zugelassen sind Gentherapien für Morbus Fabry, obwohl daran geforscht wird. Das Ziel von Gentherapien ist, das defekte GLA-Gen durch ein intaktes zu ersetzen, ohne in das Erbgut eingreifen zu müssen.2

Therapieansätze 

Eine Enzymersatztherapie ist eine spezifische Behandlung einer Erkrankung, bei der ein Enzymmangel durch die Gabe eines biologisch hergestellten Enzympräparats ausgeglichen wird. Bei Patient:innen mit Morbus Fabry kann der Körper das Enzym α-Galaktosidase A nicht oder nur unzureichend herstellen, es wird durch das Enzym Agalsidase ersetzt.

Mit der Enzymersatztherapie ist eine ursächliche Behandlung des Morbus Fabry möglich. Das Enzym Agalsidase übernimmt die Funktion des fehlenden Enzyms, es verhindert eine weitere Einlagerung von Sphingolipiden und stabilisiert die Organfunktion, insbesondere der Nieren. Bei einem späten Therapiebeginn bzw. bei bereits fortgeschrittener Erkrankung kann oft kein optimales Ergebnis erzielt werden, denn Organschäden sind nur teilweise reversibel.3 Ein rechtzeitiger Therapiebeginn kann die Häufigkeit schwerer Komplikationen verringern.

Im Gegensatz zur Chaperontherapie ist die Enzymersatztherapie bei allen Fabry-Patient:innen einsetzbar, unabhängig von der zugrunde liegenden Mutation.

Die Enzymersatztherapie wird als Infusion alle 14 Tage verabreicht. Als Verlaufskontrolle für die Therapiewirksamkeit eignet sich die Bestimmung des Lyso-Gb3-Spiegels, falls dieser zu Beginn der Therapie erhöht war.4

Als Nebenwirkungen treten meist nur milde bis moderate Symptome auf, zumeist nur in den ersten 3 Monaten der Therapie. Bekannte Nebenwirkungen sind Fieber, Schüttelfrost, Kältegefühl und Rigor. Sie können in der Regel durch eine Verlangsamung der Infusionsgeschwindigkeit oder entsprechende Prämedikation gut kontrolliert werden und waren in der Regel kein Auslöser für eine Therapieanpassung.

Der Grund für Infusionsreaktionen ist möglicherweise eine Serokonversion von IgG-Antikörpern gegen humane Proteine. EET-spezifische Antikörper, also die Bildung von Antikörpern gegen das Präparat, wurden in einem Teil der Patient:innen nachgewiesen. Des Weiteren können neutralisierende Antikörper (ADA, anti-drug antibodies) die Wirkung der EET reduzieren.

Im Gegensatz dazu werden bei der Chaperontherapie keine Antikörper gebildet.

Bei einem Teil der Morbus Fabry-Patient:innen ist die Krankheitsursache eine Fehlfaltung des Enzyms α-Galaktosidase A. Pharmakologische Chaperone unterstützen die korrekte Faltung und können so die Funktion defekter Enzyme wieder herstellen. Das Chaperon-Wirkprinzip funktioniert ausschließlich bei Patient:innen, die eine sogenannte ansprechende Genmutation tragen.

Bei etwa 30% der Mutationen im GLA-Gen, die Morbus Fabry verursachen, wird zwar in einer ausreichenden Menge das Enzym α-Galaktosidase A produziert, allerdings sind die Moleküle inkorrekt gefaltet oder instabil und damit nicht oder wenig funktionsfähig. Hier kann eine Chaperontherapie helfen. Sie besteht aus der oralen Einnahme von einer Kapsel alle 2 Tage, die die Chaperone enthält. Mutationen, bei denen ein Chaperon die Funktionsfähigkeit des defekten α-Gal A Enzyms wiederhergestellen kann, nennt man amendable oder ansprechende Genmutationen. Da die Chaperontherapie nicht bei allen Patient:innen erfolgreich ist, muss vor Therapiebeginn die zugrunde liegende Mutation bestimmt werden, um dann zu entscheiden, welche Therapie sinnvoll ist. Die häufigste Nebenwirkung der Chaperontherapie sind Kopfschmerzen.5

Chaperone sind chemische Verbindungen, die sich an ein defektes Enzym anlagern, es reparieren und es auf dem Transport an seinen Zielort stabilisieren. Im Falle von Morbus Fabry ist das defekte Enzym die α-Galaktosidase A und ihr Zielort das Lysosom der Zelle. Nur dort kann die α-Galaktosidase A ihre natürliche Funktion ausüben.

Bei einer Fabry-Erkrankung sind oft viele Organsysteme betroffen, sodass zusätzlich zur ursächlichen Therapie eine begleitende Behandlung der Fabry-Symptome notwendig ist. Je nach Bedarf wird das Behandlungsteam um weitere Fachärzt:innen erweitert, sodass ein multidisziplinäres Team die umfassende Therapie abdeckt.

Maßnahmen können Lifestyleänderungen und medikamentöse Interventionen umfassen:6

  • Nervensystem/Schmerzen/Schwitzen: Vermeiden der Trigger für neuropathische Schmerzen, zum Beispiel Anstrengungen und Temperaturschwankungen. Bei Bedarf können Analgetika eingesetzt werden, allerdings sind klassische Analgetika wie nicht steroidale Entzündungshemmer bei Fabry-Krisen meist nicht indiziert.
  • Nieren: Proteinurie kann mit Inhibitoren des angiotensinkonvertierenden Enzyms (ACEi) und Angiotensin-Rezeptor-Blockern (ARB) behandelt werden. Bei schwerwiegenden Nierenschädigungen kann eine Dialyse oder sogar eine Nierentransplantation notwendig werden. Da transplantierte Nieren in der Regel α-Galaktosidase A herstellen können, sind diese nicht von den Auswirkungen des M. Fabry betroffen.
  • Herz: Kardiale Symptome werden entsprechend den Leitlinien behandelt. Amiodaron während einer EET kann mit dem lysosomalen Metabolismus interferieren. Auch bei β-Blockern ist Vorsicht geboten.
  • Zerebrovaskulärsystem: Um das Risiko von zerebralen Blutungen zu reduzieren kommt z. B. niedrig dosierte Acetylsalicylsäure zum Einsatz, außerdem ist eine Kontrolle der Blutfettwerte angeraten.
  • Verdauungstrakt: Eine verlangsamte Magenentleerung und Darmbewegungen können medikamentös behandelt werden, oftmals helfen auch kleinere und häufige Mahlzeiten. H2-Blocker können bei Sodbrennen Erleichterung schaffen.
  • Haut: Angiokeratome können zwar gelasert werden, allerdings bringt dies selten anhaltende Ergebnisse.
  • Augen: Die typischen Morbus Fabry-bedingten Veränderungen gehen zumeist nicht mit Sehbehinderungen einher.
  • Ohren/vestibuläre Symptome: Hörverlust kann mit Hörgeräten und bei schweren Fällen mit einem Cochlea-Implantat entgegengewirkt werden. Andauernder Schwindel kann medikamentös gemildert werden.

Zur Behandlung eines Morbus Fabry ist ein interdisziplinäres Team notwendig, optimal wird dies an einem Fabry-Zentrum koordiniert.

Den Kern des Behandlungsteams bilden Fachärzt:innen der Kardiologie, Neurologie und Nephrologie, je nach Alter der/des Patient:in auch Pädiater:innen. Je nach Symptomen können weitere Spezialist:innen hinzugezogen werden:

  • Dermatolog:in bei Angiokeratomen, Lymphödemen und Hypohidrose
  • Ophtalmolog:in bei Cornea verticillata und Turtositas vasarum
  • Gastroenterolog:in bei entsprechenden Beschwerden
  • Hals-Nasen-Ohren-Ärzt:in bei Hörstörungen, Tinnitus und Schwindel
  • Genetiker:in zur Stammbaumanalyse
  • Psycholog:in/Psychiater:in bei Depressionen und mentalen Symptomen

  1. BECK, M. et al. Dtsch Arztebl 2001. 98(8). A-466.
  2. DOMM, J.M. et al. Mol Genet Metab. 2021; 134.117–131.
  3. FERIOZZI, S. & ROZENFELD, P. Clin Exp Nephrol. 2021; 25(9).925–934.
  4. ROMBACH S.M. et al. Biochim Biophys Acta 2010; 1802.741–748.
  5. Fachinformation Galafold®, aktueller Stand.
  6. GERMAIN, D. Orphanet J Rare Dis. 2010 ; 5.30.